Mei Lem & meine Gschichtln No. 2

Blog Mei Lem & meine Gschichtln No. 2 - Walter Rizek sitzend am Rand eines Steinbrunnen mit Notiblock und Bleistift

Lebenslehrmeister – Marke Hardcore

Bei mir begann es nie mit dem Schmerz.
Bei mir begann es immer mit Faszination.

Narzisstische Menschen hatten eine Art, mich zu sehen,
wie mich vorher niemand gesehen hatte.
Eloquenz, Aufmerksamkeit, Charme –
präzise dosiert,
als würden sie genau spüren,
was mir in meinem Leben gefehlt hat.

Und wenn die narzisstische Begegnung eine Partnerin war,
konnte es sich anfühlen wie das erste Mal,
dass mich jemand wirklich wahrnimmt und liebt.

Eine Wärme, die ich so nicht kannte.
Eine Nähe, die sich fast heilig anfühlte.
Eine Bestätigung, die alte Löcher auffüllte.

Solange ich erfüllte, was sie brauchten,
solange ich gab, funktionierte,
solange ich der Mensch war,
der ihren Glanz spiegelte –
blieb dieses Gefühl bestehen.

Doch irgendwo tief in mir meldete sich ein leises Unbehagen.
Ein Flüstern, das sagte:
„Da stimmt etwas nicht.“
Nicht sofort, nicht laut –
aber stetig.

Ich wollte es nicht hören.
Und wie so viele,
habe ich dieses Gefühl so lange ignoriert,
bis ich es nicht mehr konnte.

Denn wenn du nicht mehr erfüllst,
oder nicht mehr erfüllen kannst,
dann zeigen narzisstische Menschen ihre wahre Bindungslogik:

Sie sortieren dich aus.
Unmittelbar.
Kalt.
Wortlos.
Wie einen fauligen Apfel.

Man wird weggeschoben, ersetzt, isoliert –
und bleibt mit einer Frage zurück,
die tiefer schneidet als alles vorher:

„Wie kann jemand, der mich so gesehen hat,
mich so schnell wegwerfen?“

Und genau dort,
genau in diesem Moment,
beginnt der eigentliche Lehrmeister.

Nicht vorher.
Nicht in der Verführung.
Sondern in der Erfahrung,
die alles in dir bricht,
damit etwas Wahres entstehen kann.

Lebenslehrmeister – Marke Hardcore.

Diese Begegnungen haben mich geformt.
Nicht durch Liebe, sondern durch Mangel.
Nicht durch Nähe, sondern durch Entzug.
Nicht durch Wahrheit, sondern durch das Aufzeigen meiner eigenen Wunde.

Ich musste erkennen:

Narzisstische Menschen lieben nicht – sie brauchen.
Zuwendung, Bewunderung, Energie.
Und solange du lieferst,
fühlt es sich fast wie Liebe an.

Bis du nicht mehr lieferst.
Oder nicht mehr kannst.

Und dann wird dir klar,
was du in dieser Beziehung übersehen hast:
dich selbst.

Der Wendepunkt in mir kam,
als ich in einem Gespräch mit einem Narzissten
den wohl wichtigsten Satz meines Lebens ausgesprochen habe:

„Ich habe dein Spiel durchschaut.
Ich spiele nicht mehr mit.
Du hast keine Macht mehr über mich.
Du kannst mich nicht mehr belohnen oder bestrafen.
Ich habe mit dir nichts mehr zu tun.
Wir sind fertig.“

In diesem Moment kam mein Selbstwert zurück.
Meine Energie.
Meine Grenze.
Meine Freiheit.

Ich habe verstanden:

Ich mache mich nicht mehr klein.
Ich brauche keine Erlaubnis mehr, ich selbst zu sein.
Ich durchschaue Schuld und Beschämung.
Und ich wähle heute Menschen, die lieben – nicht konsumieren.

Das war die echte Transformation.

Heute kann ich sagen –
und ich sage es mit einem leisen, wissenden Grinsen:

Jede dieser Begegnungen
hat mich näher zu mir selbst geführt.

Nicht trotz,
sondern wegen der Härte.
Wegen der Kälte.
Wegen der Entwertung.

Sie waren keine Pechsträhnen.
Es waren Seelenaufgaben.
Große.
Wichtige.
Unübersehbare.

Und dafür,
für genau das,
sage ich heute:

Danke für den Unterricht.
Lebenslehrmeister.
Marke Hardcore.

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